Dashcam im Wohnmobil

Die Aufnahmen einer Dashcam im Wohnmobil sind als Beweismittel umstritten. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat jetzt jedoch die Videoaufnahmen unter bestimmten Umständen als Beweismittel zugelassen. Reisemobil PRO beantwortet die wichtigsten Fragen rund um Dashcams im Wohnmobil.

Beim Oberlandesgericht in Stuttgart wurden kürzlich erstmals Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel zugelassen. Bei Bußgeldverfahren sei es nach Auffassung des Gerichts in schwerwiegenden Fällen möglich, auf diese Videos zurückgreifen. Ein vom Amtsgericht Reutlingen verurteilter Verkehrssünder hatte im konkreten Fall Beschwerde eingelegt, weil er mit Hilfe einer zunächst anlasslos erstellten Videoaufnahme beim Überfahren einer roten Ampel erwischt und zu einer Geldbuße von 200 Euro verurteilt worden war. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat dieses Urteil bestätigt.

Das Urteil könnte auch die Nachfrage nach Dashcams im Wohnmobil steigern. Laut einer Studie des Automobilclub ACV nutzen zwar nur rund zwei Prozent eine Dashcam, doch jeder zweite Befragte würde diese benutzen, wenn deren Nutzung gesetzlich eindeutig geregelt und legal wäre.

Was macht eine Dashcam im Wohnmobil?

Eine Dashcam ist eine kleine Kamera, meist kleiner als ein Navigationssystem fürs Wohnmobil, wird aber ebenso an Windschutzscheibe oder Armaturenbrett befestigt. Eine Dashcam zeichnet das Verkehrsgeschehen in Endlosschleife auf, dabei werden ältere Aufnahmen automatisch überschrieben. Die Preise für Dashcams variieren je nach Einsatzbereich zwischen 30 und 350 Euro.

Ein Dashcam im Wohnmobil kann zum einen den Reiseverlauf mit Landschaftsaufnahmen oder Zeitraffer-Videos dokumentieren, auf der anderen Seite hilft sie bei der Beweisführung bei Straftaten, Unfällen und anderen gefährlichen Situationen im Straßenverkehr.

Warum ist eine Dashcam im Wohnmobil problematisch?

Der Einsatz einer Dashcam im Wohnmobil ist rechtlich umstritten. Das Bundesdatenschutzgesetz regelt unter § 4 („Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen“) die Zulässigkeit von optisch-elektronischen Einrichtungen zur Videoüberwachung:

  1. zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen
  2. zur Wahrnehmung des Hausrechts
  3. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke

Hier gilt die also Abwägung zwischen dem legitimen Interesse des Geschädigten an der bildlichen Dokumentation des Geschehens und dem „informellen Selbstbestimmungsrecht“ des Einzelnen, also dem Recht, sich in der Öffentlichkeit frei zu bewegen ohne ungewollt und anlasslos zum Objekt einer Videoüberwachung zu werden.

Dürfen Dashcam-Aufnahmen veröffentlicht werden?

Anwälte raten von einer Veröffentlichung von Dashcam-Aufnahmen dringend ab. Andreas Krämer von der AG Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) weist darauf hin, dass man grundsätzlich eine Dashcam im Wohnmobil einbauen kann, Aufnahmen von Unbeteiligten und deren Eigentum jedoch verboten seien, weil damit Persönlichkeitsrechte verletzt würden und der Betroffene entsprechende Unterlassungsansprüche geltend machen könne.

Wie urteilen Gerichte bei Dashcams?

Die gerichtliche Bewertung von Dashcams ist sehr unterschiedlich. Am Amtsgericht Nienburg (Niedersachsen) wurden Anfang 2015, ähnlich wie beim OLG Stuttgart, Aufnahmen einer Dashcam als Beweismittel mit der Begründung zugelassen, dass die gemachten Aufnahmen anlassbezogen erstellt worden seien. In diesem Fall hatte der Geschädigte die Kamera erst aktiviert, als der Beschuldigte zu dicht aufgefahren war. Die Kamera wurde nach dem Geschehen wieder ausgeschaltet.

Das Landgericht Heilbronn dagegen untersagte im Februar 2015 die permanente Dashcam-Aufzeichnung, auch das Ansbacher Verwaltungsgericht teilte im Sommer 2014 die Bedenken von Datenschützern. Der Einsatz von Videoaufnahmen kann sogar nach hinten losgehen: Am Amtsgericht München wollte ein Fahrradfahrer mittels Dashcam-Video seine Unschuld beweisen. Tatsächlich hatten die Aufnahmen jedoch das Gegenteil bewiesen, er wurde für schuldig befunden.

Die Meinungen von Polizei und Automobilclubs

Laut Sven-Erik Wecker von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) erhöhe der Einsatz einer Dashcam generell die Erfolgsaussichten einer objektiven Beweisführung: „Die Kameras können auch zum Nachweis von Verkehrsstraftaten wie Nötigungen und Gefährdungen dienen, für die bislang ausschließlich die brüchigen Beweismittel der Aussagen und Erinnerungen der Verkehrsopfer vorliegen.“. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) plädiert sogar für die verbindliche Einführung des Unfalldatenspeichers.

Automobilclubs wünschen sich hinsichtlich des Einsatzes einer Dashcam vor allem Rechtssicherheit und zwar nicht durch einzelne Gerichtsurteile, sondern durch eine klare Gesetzgebung. Der Auto Club Europa (ACE) schlägt den Einsatz elektronisch „verplombter“ Dashcams vor, deren Verschlüsselung Missbrauch verhindert und sicherstellt, dass nur Ermittlungsbeamte Videomaterial auswerten können.

Dashcam im Wohnmobil in Europa

Vor allem in Russland sind Dashcam außerordentlich häufig im Einsatz, dort wird fast jeder Neuwagen mit Dashcam verkauft, weil deren Aufnahmen vor Gericht zugelassen sind. In Österreich ist der Einsatz einer Dashcam ohne Genehmigung jedoch komplett verboten. Laut ADAC ist die Nutzung in den folgenden Ländern unproblematisch:

  • Bosnien-Herzegowina
  • Dänemark
  • Großbritannien
  • Italien
  • Malta
  • Niederlande
  • Norwegen (nur im privaten Bereich, Fahrer darf nicht abgelenkt werden)
  • Frankreich (Dashcam darf die Sicht nicht behindern)
  • Serbien
  • Spanien

Von der Verwendung einer Dashcam im Wohnmobil wird in folgenden Ländern abgeraten:

  • Belgien
  • Luxemburg
  • Portugal
  • Schweden
  • Schweiz

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